POLONICA
1990-2000
Als Gast der Frankfurter Buchmesse 2000 nutzte Polen
die Chance, sich dem Publikum und besonders den Lesern von seiner
besten Seite zu zeigen. Zahlreiche bekannte und weniger bekannte,
aber entdeckungswürdige Schriftstellerinnen und Schriftsteller
haben in Frankfurt ihre Werke vorgestellt, und bis zum Jahresende
sind zahlreiche Lesungen und andere Veranstaltungen geplant, um die
Literatur des Nachbarlandes dem deutschen Leser näherzubringen.
Dabei spielen nicht nur die Metropolen eine wichtige Rolle, oft ist
das geschriebene und vorgelesene Wort auch Gast in der Provinz, die
nicht selten eine lebendige Teilnahme an aktuellen Themen der internationalen
Kultur beweist - der Blick über den eigenen Tellerrand scheint
keine Seltenheit mehr zu sein.
Auch in Siegen soll das Echo der polnischen Literatur erklingen. In
den Räumen der Universitätsbibliothek findet vom 8. November
bis zum 1. Dezember 2000 die Ausstellung "POLONICA - Polnische
Literatur in Deutschland 1990-2000" statt. An dem Projekt beteiligt
sich auch die Siegener Universität unter besonderer Mitwirkung
des Fachbereichs 3 (Sprach- und Literaturwissenschaften).
Die Ausstellung präsentiert die wichtigsten und interessantesten,
aber auch weniger bekannte Werke der polnischen Literatur. Sie begrenzt
sich dabei auf die im letzten Dezennium in deutscher Übersetzung
herausgegebenen und noch lieferbaren Ausgaben mit dem Ziel, den Besucher
für die polnische Literatur nachhaltig zu begeistern und ihn
zur Aufnahme eines lebendigen Dialogs mit ihr zu animieren. Für
die Beschäftigung mit aktuellen Übersetzungen der Lyrik
und Prosa Polens sprechen gute Gründe: Sie sind qualitativ hochwertig
und, verglichen mit früheren Jahren, auch in ausreichender Zahl
verfügbar.
Die heutigen Polonica' stellen ein bislang ungewohnt breites
Spektrum an Werken und Autoren des östlichen Nachbarlandes vor.
Daß es so viel Interesse seitens der westlichen Verlage für
diese Literatur gibt, verwundert nicht angesichts ihrer Vielfalt und
hohen künstlerischen Qualität. Seit einigen Jahren erlebt
die polnische Literatur eine neue Renaissance. Sie war zwar schon
immer sehr fruchtbar, doch nun kommt ein anderes Phänomen zum
Tragen: Aktuelle Themen und moderne Versionen alter Motive bevölkern
die Seiten der neuen Bücher. Geschrieben werden sie von sechzigjährigen
ebenso wie von zwanzigjährigen Autoren, die vielfach erst vor
kurzem debütierten und schon kurz darauf in aller Munde waren
- trotz des traditionell strengen Umgangs der polnischen Kritik mit
der Literatur des eigenen Landes. Nicht Alter oder Erfahrungsreichtum
spielt für diese von den Kritikern meist als die Neuen'
bezeichneten Autoren die entscheidende Rolle, sondern wie und was
sie schreiben. Auch wenn gewisse, teilweise altersbedingte Unterschiede
innerhalb der Neuen' erkennbar sind, kann man bisher noch nicht
von einer Herauskristallisierung bestimmter Gruppen sprechen.
Die deutschsprachigen Polonica' der letzten Jahre umfassen natürlich
nicht nur die neueste Literatur, sondern schließen auch Werke
der bereits zur Literaturgeschichte gerechneten Autoren ein. Leider
werden vergleichsweise wenige Klassiker neu oder wieder aufgelegt.
Viele Autoren vom Mittelalter bis zur Zwischenkriegszeit' sind
entweder gar nicht oder nur in sehr geringem Umfang in neuen deutschsprachigen
Übersetzungen zugänglich; ihre Werke sind eher ein Geheimtip
für Wissenschaftler und Studenten der Polonistik. (Einer der
Betroffenen' ist zum Beispiel Wladyslaw Reymont, der Nobelpreisträger
von 1924, dessen 75. Todestag Polen heuer im Dezember begeht.) Dennoch
können auch einige Beispiele dieser Literatur in Siegen vorgestellt
werden.
Die Siegener Ausstellung kann leider nicht sämtliche Ausgaben
polnischer Literatur in deutscher Übersetzung aus den letzten
zehn Jahren zeigen; eine strenge Auswahl war aus organisatorischen
Gründen geboten. Sie hat sich aber zum Ziel gesetzt, anhand einer
repräsentativen Auswahl die Vielfalt der deutschsprachigen Polonica'
zu verdeutlichen und den Besucher darüber zu informieren, welche
deutschsprachigen Verlage polnische Literatur in ihr Programm aufgenommen
haben und von welchen Autoren es noch mehr Ausgaben gibt als im Rahmen
der Veranstaltung vorgestellt werden können.
Die Ausstellung umfaßt an die 150 Buchausgaben, dazu Hörbücher
auf CD's und MC's. Insgesamt sind fast 100 Autoren mit Werken vertreten,
die von mehr als 80 Übersetzern ins Deutsche übertragen
und von ca. 70 deutschen, schweizerischen und österreichischen
Verlagen publiziert worden sind. Der größte Anteil entfällt
auf gebundene, teilweise bibliophil gestaltete Ausgaben, doch sind
auch Taschenbücher zu sehen, die oft mit viel Liebe zum Detail
hergestellt werden.
Neuerdings läßt sich beobachten, daß deutschsprachige
Verlage immer schneller auf Veränderungen der literarischen Landschaft
in Polen reagieren: In vielen Fällen steht dem deutschen Leser
schon ein bis vier Jahre nach Erscheinen des Originalwerks eine gute
Übersetzung zur Verfügung, einige Bücher erscheinen
sogar fast zeitgleich in Polen und Deutschland wie der Debütroman
von Piotr Siemion Picknick am Weltende. Es gibt auch Verlage, die
ältere Werke polnischer Autoren - nicht selten in Erstübersetzung
oder erstmals ungekürzt - in Deutschland präsentieren. So
wurde heuer der Roman Der nackte Garten von Wieslaw Mysliwski aus
dem Jahre 1967 für den deutschen Leser wiederentdeckt. Von Henryk
Sienkiewicz, dem Nobelpreisträger von 1905, sind Mit Feuer und
Schwert und Quo vadis? seit einigen Monaten erstmals in ungekürzten
Übersetzungen zugänglich und bereits im Sienkiewicz-Museum
von Ignacy Mos in Poznan zu finden.
Zahlreiche neuere Ausgaben polnischer Literatur in den deutschsprachigen
Ländern wurden vom Literaturfonds ©POLAND aus Mitteln des
Ministeriums für Kultur und Nationalerbe gefördert. Mit
dieser einzigartigen Initiative, zu der die besondere Präsenz
Polens bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse und im ganzen
deutschsprachigen Raum den Anstoß gab, ermöglichte der
polnische Staat es vielen Autoren, sich erstmals einem größeren
internationalen Publikum vorzustellen. Kleinere deutsche Verlage,
die sich aus wirtschaftlichen Gründen sonst nicht an die Publikation
polnischer Literatur gewagt hätten, konnten dank ©POLAND
ambitionierte Projekte realisieren. Aber auch Verleger, die die Mittel
des polnischen Kulturministeriums nicht in Anspruch genommen haben,
beweisen ihren Sinn für gehaltvolle Literatur in schön gestalteten
Ausgaben. Der Polnische Literaturfonds wird auch nach der Buchmesse
Übersetzungen im Rahmen des Adam-Mickiewicz-Instituts fördern.
Die Literatur aus Polen erlebt aber sicher nicht nur wegen des Buchmessen-Auftritts
bessere Zeiten in den deutschsprachigen Ländern. Was westeuropäische
Verlagshäuser an den jungen polnischen Autoren interessiert,
ist der neue Blickwinkel, aus dem heraus sie die Welt beschreiben.
Sie sind kosmopolitisch, befreit vom Pathos der älteren Literatur
und dennoch mit typisch polnischen Eigenschaften ausgestattet. Sie
zeigen Selbstsicherheit, Impulsivität, Einfallsreichtum und üben
zunehmend Einfluß auch auf die westliche Kultur aus. Manche
polnischen Schriftsteller der jüngeren Generation sind durch
einen Bestseller bekannt geworden (z.B. Tomek Tryzna), andere wiederum
schreiben gute Bücher am laufenden Band' (Olga Tokarczuk).
Doch nicht alle neuen Bücher werden gleich intensiv in Polen
und in Deutschland verlegt und gelesen oder erhalten in beiden Ländern
ähnliche Kritiken. Dies betrifft nicht nur die jungen, sondern
auch ältere Autoren.
Deutsche und polnische Leser gehen nämlich von unterschiedlichen
Voraussetzungen und Erwartungen an die Literatur aus. So gewinnen
mitunter polnische Verleger deutsche Herausgeber eher für Bücher,
die in Polen kaum bekannt sind, als für solche, die schon durch
Preise und positive Rezensionen auf sich aufmerksam gemacht haben.
Andererseits erwarten die meisten westeuropäischen Verleger,
daß Bücher, deren Rechte sie erwerben, in Polen schon in
hohen Auflagen verkauft worden sind. Das ist jedoch selten der Fall,
denn polnische Belletristik erscheint, bedingt durch die Gegebenheiten
des dortigen Buchmarkts, im Durchschnitt in nur ca. sechstausend Exemplaren.
Inwieweit die neuesten Bestseller aus Polen deutsche Verlagshäuser
und ihre Kunden begeistern werden, bleibt abzuwarten - sie zu entdecken
lohnt sich mit Sicherheit. Wichtig ist aber, daß die früheren
Werke dabei nicht ins Abseits geraten. Sie nämlich bilden zusammen
mit den Neuentdeckungen das Ganze der polnischen zeitgenössischen
Literaturlandschaft. Viele Romane der letzten Jahre können als
Fortsetzung ihrer älteren Brüder angesehen werden: So knüpfen
etwa die jüngsten literarischen Analysen des halben Jahrhunderts
unter kommunistischer Herrschaft unmittelbar an die Problematik des
zweiten Weltkriegs an, die aus den Werken von Andrzej Szczypiorski,
Henryk Grynberg oder Hanna Krall nicht wegzudenken ist. Andererseits
gehen Antoni Libera und Witold Horwarth in ihren kürzlich erschienenen
Romanen in die Zeit Volkspolens zurück, rechnen aber weniger
mit dem Totalitarismus ab, sondern versuchen eher, die Atmosphäre
der damaligen Zeit aus der Perspektive junger Menschen einzufangen.
Als Bindeglieder zwischen den beiden Gruppen erscheinen die Romane
und Erzählungen von Stefan Chwin und Pawel Huelle. Sie erinnern
an den Krieg ebenso wie an die Zeit danach und beschreiben menschliche
Schicksale in einfacher Sprache.
Diese zwei Schriftsteller aus Danzig kennzeichnet auch ein neuer Umgang
mit der deutsch-polnischen Problematik: Auf dem Hintergrund des Mikrokosmos
der ehemaligen Hansestadt zeigen sie die Folgen der Zerstörung
einer multikulturellen Gesellschaft, rufen die Erinnerungen an die
Zeit vor der Barbarei zurück und dokumentieren den mühseligen
Aufbau eines normalen Lebens danach. In dem Roman Tod in Danzig von
Stefan Chwin reisen die nach dem Krieg aus den polnischen Ostgebieten
umgesiedelten Polen in die Stadt ein, aus der kurz davor die Deutschen
vertrieben wurden. Die Neuankömmlinge nehmen sich der von den
alten Bewohnern Danzigs verlassenen Häuser und alltäglichen
Gegenstände an und versuchen sich in der neuen fremden Umgebung
zurechtzufinden.
Der Verlust der Heimat ist ein wichtiges Thema der neueren polnischen
Literatur. Viele bekannte Schriftsteller stammen aus den verlorenen
Gebieten im Osten, andere mußten lange Jahre im Exil verbringen.
Manche gehören beiden Gruppen an wie Adam Zagajewski, der noch
eine andere Art von Vertreibung nennt, nämlich die aus dem Land
der Wahrheit. Das kommunistische Polen war alles andere als ein Ort
der freien Meinungsäußerung. Aus diesem Grund mußten
Marek Hlasko, Gustaw Herling-Grudzinski, Czeslaw Milosz und zahlreiche
weitere Autoren das Schicksal der polnischen Emigranten teilen.
Eine beachtliche Zahl polnischer Schriftsteller lebt nach wie vor
im Ausland, in Deutschland ebenso wie in anderen Teilen der Welt.
Beide Gruppen sind in der Siegener Ausstellung vertreten. Sie schreien
keine klassische Exilliteratur mehr, da sie nicht in Verbannung'
leben, sondern eine Literatur von Emigranten, die deutlich auf die
offenen Grenzen reagiert und somit einen anderen Charakter aufweist
als noch vor zehn bis fünfzehn Jahren. Den Unterschied erkennt
man, sobald man Werke der älteren, also tatsächlich noch
im Exil lebenden Autoren in die Hand nimmt.
Andere Themen der in Siegen präsentierten Literatur sind das
Judentum und die Problematik des Holocaust. Nicht nur jüdische
Schriftsteller polnischer Abstammung, sondern auch polnische Autoren
nahmen sich in der Nachkriegszeit mit zahlreichen Werken, die zum
Teil weiterhin in Deutschland verlegt werden, der Problematik der
Judenvernichtung an (Ida Fink, Hanna Krall, Tadeusz Borowski u.a.).
Selbst in der Frauenliteratur, vertreten durch Maria Nurowska, findet
man Zeugnisse der untergegangenen jüdischen Kultur. Das bekannteste
Beispiel einer nicht-heroisierenden Beschreibung des Schicksals einer
Jüdin aus dem Warschauer Ghetto lieferte der Roman von Andrzej
Szczypiorski Die schöne Frau Seidenman. Dieses Buch stellt der
Zürcher Diogenes-Verlag als Schullektüre zum Thema Nationalismus
und Totalitarismus vor.
Diese für die polnische Literatur eminent wichtigen Themen sind
natürlich nicht die einzigen, deren sie sich annimmt. In der
Siegener Ausstellung werden auch Werke von Satirikern (Stanislaw Jerzy
Lec), Außenseitern (Witold Gombrowicz, Stanislaw Przybyszewski),
Phantasten (Stanislaw Lem, Radek Knapp), Abenteurern (Jan Potocki),
Gläubigen (Karol Wojtyla, Jan Dobraczynski) und Mystikern (Gustaw
Herling-Grudzinski, Adam Zagajewski) vorgestellt. Stanislaw Ignacy
Witkiewicz und Bruno Schulz sind Vertreter der Vielbegabten, deren
Hauptberuf Schreiben war, die aber ohne Malen und Zeichnen nicht ausgekommen
sind. Auch der zeitgenössische Dramatiker Slawomir Mrozek greift
oft zum Zeichenblock und schafft skurrile kleine Satiren, die wie
von Kinderhand gezeichnet menschliche Laster auf den Punkt bringen.
Reportagen, Tagebücher und Autobiographien sind ein fester Bestandteil
der polnischen Literatur. Vor allem Schriftsteller der Gegenwart nehmen
sich auch der Essays an - mit Erfolg, wie die zahlreichen Publikationen
belegen, von denen einige in Siegen zu sehen sind.
Keine literarische Gattung hat aber das polnische Schrifttum von Anfang
an so geprägt wie die Lyrik. In Siegen werden sowohl die Vertreter
der Romantik - die Dichter der Nation' Adam Mickiewicz und Juliusz
Slowacki - als auch ihre heutigen Nachfahren vorgestellt. Dazu zählen
neben den Nobelpreisträgern Czeslaw Milosz und Wislawa Szymborska
auch Tadeusz Rózewicz und Zbigniew Herbert. Die moderne polnische
Poesie repräsentieren Marzanna Kielar, Urszula Koziol, Ryszard
Krynicki, Adam Zagajewski und auch Erna Rosenstein, eine bis 1994
aktive Dichterin der älteren Generation.
Einen wichtigen Zweig der polnischen Literatur, der noch seiner Entdeckung
durch deutsche Verlage harrt, bildet die Kinder- und Jugendliteratur.
Ihr bekanntester Autor, Jan Korczak, wurde 1942 zusammen mit seinen'
Waisenkindern in Treblinka ermordet (posthum 1972 mit dem Friedenspreis
des Deutschen Buchhandels geehrt). Sein Werk wird von den in der Anthologie
Wo die Bücher vom Himmel fallen vertretenen Autoren fortgeführt.
Diese Sammlung ist eines von vielen Beispielen für interessante
Anthologien polnischer Prosa und Poesie, von denen eine Auswahl in
Siegen präsentiert wird, darunter der von Sergiusz Sterna-Wachowiak
zusammengestellte Band Polnische Lyrik aus hundert Jahren und eine
Sonderausgabe der Zeitschrift Die Horen über "polnische
Gegenwart im Spiegel der Literatur".
Enormen Einfluß auf die Rezeption der polnischen Literatur im
deutschsprachigen Raum üben die von Karl Dedecius begründeten
und betreuten Übersetzungs-Reihen Polnische Bibliothek und Panorama
der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts aus. Beide monumentalen
Editionen wurden heuer abgeschlossen und im Rahmen der Frankfurter
Buchmesse vorgestellt. Aus ihnen gewinnt nicht nur der Experte, sondern
auch der Normalleser interessante Einblicke in die polnische Literatur
aller Epochen.
Relativ wenig Sekundärliteratur wird von deutschen Wissenschaftlern
zum Werk polnischer Autoren publiziert; einige Beispiele intensiver
Beschäftigung mit der Literatur des Nachbarlandes sind im Verlag
Peter Lang erschienen. Zwei davon, die den Schriftstellern Tadeusz
Konwicki und Jaroslaw Iwaszkiewicz gewidmet sind, sind zusammen mit
der neuen Polnischen Literaturgeschichte in Siegen zu sehen.
Literarische Zeitschriften sind in Polen sehr populär. Einige
von ihnen komplettieren die Ausstellung, darunter das legendäre
Sprachrohr der polnischen Emigration Zeszyty Literackie und die Zeitschrift
für Literatur und Buchmarkt Magazyn Literacki. Neben rein polnischen
Periodica sind auch polnisch-deutsche Printmedien wie Zblizenia /
Annäherungen und Inter Finitimos vertreten, die sich sowohl der
Literatur als auch der Kultur und Politik beider Länder widmen.
Bei aller Begeisterung für die Werke der polnischen Autoren sollte
man die Übersetzer, ohne deren Bemühungen ihre Publikation
in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht möglich
wäre, keinesfalls vergessen. Bemerkenswert ist, daß immer
mehr gute deutschsprachige Übersetzer aus dem Polnischen, einer
nach wie vor als exotisch' geltenden Sprache, verfügbar
sind. Schon in der höchst unvollständigen Siegener Polonica-Ausstellung
sind zahlreiche Übersetzer vertreten, deren bekannteste - Karl
Dedecius, Henryk Bereska, Klaus Staemmler - seit Jahren als Vermittler
polnischer Literatur und Kultur hochgeschätzt sind. Zu ihnen
gesellen sich Rolf Fieguth, Esther Kinski, Roswitha Matwin-Buschmann,
Martin Pollack, Renate Schmidgall, Alois Woldan und Karin Wolff, deren
Namen in mehreren Editionen erscheinen. Die erfreuliche Tatsache,
daß die Rezeption polnischer Literatur im deutschsprachigen
Raum in den letzten Jahren merklich zugenommen hat, ist nicht zuletzt
ihrem Engagement und demjenigen ihrer Kollegen zu verdanken.
Die Präsenz der polnischen Literatur und Kultur bei der Frankfurter
Buchmesse 2000 trägt schon jetzt Früchte und man darf hoffen,
daß sie nachhaltig zum Erfolg sowohl bereits vorhandener Übersetzungen
als auch weiterer Bücher aus Polen im Westen beitragen wird.
Zwar offeriert der hiesige Buchmarkt sehr gute Ausgaben polnischer
Literatur, wie diese Ausstellung belegt, doch wird das deutsche Publikum
bisher nur vereinzelt auf sie hingewiesen. Polnische Autoren, deren
Werke auf deutsch erscheinen, beklagen denn auch mit Recht, daß
die potentiellen Leser zu selten aus eigener Initiative danach greifen.
Die Ausstellung in der UB Siegen möchte dazu beitragen, dieser
unbefriedigenden Situation entgegenzuwirken. Sie richtet sich deshalb
ebenso an die Professoren der Universität und ihre Studierenden
wie an das Siegener Publikum, an die Mitbürger polnischer Abstammung
und an die Schulen der Region. Da die Beschäftigung mit Literatur
sich erfahrungsgemäß durch Begegnungen mit Autoren intensiviert,
wird im Rahmen der Ausstellung der Dichter und Übersetzer deutscher
Lyrik Ryszard Krynicki, einer der interessantesten Autoren der polnischen
Nachkriegsgeneration, aus seinen Werken lesen.
Text: Natasza Stelmaszyk, Siegen 2000.
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